Gastautorin: Dr. Linda Burke-Galloway, MD
Das American College of Obstetricians and Gynecologists und die Society for Maternal Fetal Medicine haben neue Empfehlungen herausgegeben, die für die Praxis der aktuellen Geburtshilfe die Karten neu mischen: Werdende Mütter, die das erste Mal schwanger sind und einer niedrigen Risikogruppe angehören, sollten länger in den Wehen liegen.
Dies setzt voraus, dass die Vitalfunktionen des Babys normal sind und die Mutter weder Fieber noch einen hohen Blutdruck hat und auch sonst kein Umstand vorliegt, der eine Gefahr für das Leben der Schwangeren oder des ihres ungeborenenn Kindes darstellen könnte. Diese Empfehlung basiert auf neuen Erkenntnissen, die der Theorie der alten Friedman-Kurve, wonach die aktive Phase der Geburt schon bei einer Muttermundöffnung von 4 Zentimetern beginnt, widersprechen. Tatsächlich beginnt sie erst bei 6 Zentimetern. Dies wäre besonders für Erst-Mütter in sehr jungem Alter wichtig, die gezwungen werden könnten, bei zukünftigen Geburten immer wieder Kaiserschnitte zu erhalten, wenn ihre erste Entbindung ein Kaiserschnitt war. Die Tendenz zur „einmal Kaiserschnitt, immer Kaiserschnitt“-Mentalität trifft diese Gruppe besonders hart.
Die neuen Empfehlungen lauten wie folgt:
- Frauen sollte ermöglicht werden, mindestens 2 Stunden zu pressen, wenn Sie bereits entbunden haben und 3 Stunden, wenn sie zum ersten Mal Mutter werden. In bestimmten Fällen sollte diese Zeitspanne sogar noch länger sein, z.B. wenn zur Schmerzerleichterung eine Periduralanästhesie verabreicht wurde.
- Die vaginale Entbindung ist die bevorzugte Option und sollte, wann immer möglich, vorgezogen werden. Ärzte sollten spezielle Techniken – zum Beispiel die Verwendung einer Geburtszange – einsetzen, um die natürliche Entbindung zu unterstützen.
- Frauen sollten instruiert werden, eine übermäßige Gewichtszunahme während der Schwangerschaft zu vermeiden.
Bei diesen Empfehlungen ist allerdings Vorsicht geboten: Geburten unter Zuhilfenahme einer Geburtszange können in Händen eines unerfahrenen Arztes mehr Schaden als Nutzen nach sich ziehen und die Empfehlung, eine „übermäßige Gewichtszunahme während der Schwangerschaft zu vermeiden”, ist für viele Frauen leichter gesagt als getan.
Allerdings geben diese neuen Empfehlungen werdenden Müttern zum ersten Mal das Recht, sprichwörtlich auf die Bremse zu treten, wenn die Geburt mithilfe eines Kaiserschnittes beschleunigt werden soll.
Dr. Linda Burke-Galloway ist staatlich approbierte Ärztin mit 30-jähriger klinischer Erfahrung, Autorin eines Schwangerschaftsbuches und Bloggerin, die leidenschaftlich in ihrer Arbeit aufgeht, Menschen zu zeigen, wie sie die bestmögliche Behandlung erhalten. Sie ist Absolventin des City College of New York der Columbia University School of Social Work und der Boston University School of Medicine. Zudem verfügt sie über einen Abschluss in klinischer Informatik von der Johns Hopkins School of Medicine. Burke-Galloway ist zudem stolze Mutter von 2 großartigen Söhnen und Unterstützerin internationaler Adoptionen. Sie stammt ursprünglich aus Brooklyn, N.Y. und lebt mittlerweile in Florida.