Mutter und Kind sind über die Plazenta miteinander verbunden. Nach der Geburt wird dieses Organ in der Regel entsorgt. Immer mehr Frauen haben jedoch eigene Vorstellungen, was mit ihrer Plazenta passieren soll. Rechtlich gesehen kann die Mutter diese nach der Geburt einfach mit nach Hause nehmen. Aber wie kann der Mutterkuchen danach überhaupt verwendet werden? Tatsächlich gibt es verschiedene Möglichkeiten.
Die Plazenta
Nach der Befruchtung entsteht eine Keimblase (Blastozyste). Aus dieser entwickelt sich der Embryo, aber auch die Plazenta. Dieses wichtige Organ haftet an der Gebärmutterwand, da sie zum einen Anteile der Mutter, zum anderen Anteile des Kindes enthält. Das scheibenförmige Organ hat einen ungefähren Durchmesser von 15 bis 20 Zentimetern, ist zwei bis vier Zentimeter dick und wiegt zwischen 500 und 650 Gramm. In der Mitte befindet sich die Nabelschnur. Der Mutterkuchen erfüllt eine Reihe von Aufgaben. Zum einen steuert er das Wachstum des Embryos, versorgt das Baby mit Nährstoffen und Sauerstoff, und beseitigt sämtliche Abfallprodukte, die der kindliche Kreislauf herstellt. Darüber hinaus ist die Plazenta für die Produktion von Hormonen verantwortlich, die während der Schwangerschaft wichtig sind. Sie produziert das Schwangerschaftshormon HCG und setzt Östrogen und Progesteron frei. Mutter und Kind sind über die Nabelschnur eng miteinander verbunden. Bei der Geburt wird die Plazenta schießlich ausgestoßen. Dies bezeichnet man auch als Nachgeburtsphase.
Während in vielen Ländern die Plazenta nach der Geburt in der Regel entsorgt wird, wird um dieses wichtige Organ in Ländern wie den USA beispielsweise ein regelrechter Kult betrieben. Dabei findet der Mutterkuchen oft auf kuriose Weise seine eigene Verwendung.
Plazentophagie
Einige Frauen entscheiden sich dafür, den Mutterkuchen nach der Geburt zu essen und gehen dabei sehr kreativ vor. Dabei wird die Plazenta oft gekocht, zu einem Pulver verabeitet oder sogar zu einem Smoothie verarbeitet. Tatsächlich existieren sogar Plazenta-Kochbücher, in denen sich „Rezepte“ und Zubereitungsarten finden. Während dies für viele schräg und unappetitlich klingt, sind manche Menschen davon überzeugt, dass der Konsum der Plazenta gesundheitliche Vorteile bietet. So berichten einige Frauen von mehr Energie, Hilfe bei postnatalen Problemen sowie einer Verbesserung der Milchproduktion und Steigerung des Immunsystems. Allerdings ist diese Praktik unter Medizinern weiterhin sehr umstritten, da sie mit gesundheitlichen Risiken einhergeht. Wenn die Plazenta kontaminiert ist, kann sie gefährliche Giftstoffe enthalten, die wiederum Krankheiten auslösen. Forschungen zeigen Fälle, in denen das Baby mit Streptokkoken B angesteckt wurde, wenn die Mutter die Plazenta verzehrte. Über die Muttermilch kann die Infektion auf das Kind übertragen werden.
Plazentaverkapselung
Wer die Plazenta nicht einfach so verzehren möchte, kann eine Plazentaverkapselung in Auftrag geben. Bei der Plazentaverkapselung wird die Plazenta in Dampf gegart, getrocknet und zermahlen. Danach kommt das Pulver in Tabletten oder wird in Kapseln gefüllt. Die Mutter kann diese Kapseln nach der Geburt einfach zu sich nehmen. Grundsätzlich gibt es keine fundierten Studien zur Plazentophagie, in der Regel handelt es sich dabei lediglich um Erfahrungsberichte.
Einpflanzen der Plazenta
Manche Mütter gehen nicht ganz so weit, haben dennoch eine Verbindung zu ihrer Plazenta und möchten nicht, dass sie einfach so entsorgt wird. Eine Möglichkeit besteht darin, den Mutterkuchen im eigenen Garten zu vergraben. Einige Kulturen sehen darin eine Verbindung des Babys mit der Erde. Die Beerdigung der Plazenta wurde auch als heilige Verbindung des Kindes mit seinem Geburtsort oder Erbe angesehen. Es sollte zudem Segen oder Schutz für die Zukunft des Kindes verleihen. Einige Mütter entscheiden sich dafür, die Plazenta neben einem Baum zu pflanzen, um zu sehen, wie sie mit dem Baby wächst.
Plazenta-Schmuck
Sie haben vielleicht schon von Muttermilchschmuck gehört, einer immer beliebter werdenden Methode, mit der sich Eltern an die Stillzeit erinnern möchten. Plazenta-Schmuck funktioniert ähnlich. Er soll die Mutter an die Schwangerschaft und Geburt erinnern. Dieser Schmuck wird hergestellt, indem ein Teil der getrockneten und gemahlenen Plazenta in Harz konserviert wird, um ein steinähnliches Material zu bilden, welches dann in ein Schmuckstück eingesetzt wird. Dabei lassen sich Ringe, Anhänger oder ähnliches herstellen. Meistens sind einige Kapseln desgetrockneten Mutterkuchens dafür nötig.
Plazenta-Kunst
Bei einem Plazentaabdruck wird die Plazenta Ihres Babys verwendet, um einen Abdruck auf Papier als Andenken zu erstellen. Das Ergebnis ist ein Kunstwerk, das wie ein Baum aussieht, was Sinn macht, da die Plazenta manchmal als „Baum des Lebens“ bezeichnet wird. Sobald der Druck getrocknet ist, können Familien ihn einrahmen und haben eine schöne Erinnerung. Online finden sich einige Anbieter, die Plazenta- Kunstwerke anzufertigen.
Kosmetikprodukte
Kurios, aber wahr: Die Plazenta wird seit langem auch in der Kosmetik eingesetzt. Tatsächlich soll der Mutterkuchen regenerierende Wirkung haben und gilt deshalb als Anti-Aging-Mittel. Cremes aus Mutterkuchen waren in den 60er Jahren keine Seltenheit. Viele schwörten auf die gesundheitliche Wirkung solcher Produkte. Mit dem Aufkommen von Aids verschwand die Plazentaverwendung in der Pharma- und Kosmetikbranche jedoch weitgehend. Es finden sich allerdings heute Produkte, bei der z.B. Schaf-Plazenta gegen Falten eingesetzt werden.
Plazenta Globuli
Globuli aus dem Mutterkuchen (Plazenta) erfreuen sich steigender Beliebtheit bei Müttern. Mittlerweile bieten viele Apotheken die Herstellung an. Plazenta-Globuli werden aus den Zellen des Mutterkuchens produziert und gelten als homöopathisch wirksames Arzneimittel. Sie können auf verschiedene Weise eingesetzt werden, z.B. bei Stillproblemen, Infekten oder während des Zahnens. Vor die Herstellung reicht oft schon ein erbsengroßes Stück aus der eigenen Plazenta. Nach der Geburt wird ein kleiner Teil des Mutterkuchens in ein spezielles Probenfläschchen gefüllt. Danach wird es an einen Hersteller geschickt. Dieser erzeugt binnen weniger Tage die individuellen Globuli aus der Plazenta.
Lotus-Geburt
Doch ist gibt noch eine andere Möglichkeit, wie z.B. die Lotus-Geburt, die auf die Amerikanerin Clair Lotus Day zurückgeht. Das Besondere dabei: Das Baby wird nach der Geburt nicht vom Mutterkuchen getrennt, das heißt, dass auf den üblichen Abnabelungsprozess verzichtet wird. Die Nabelschnur wird nicht getrennt. Es wird abgewartet, bis die Nabelschnur auf natürliche Weise abfällt, wobei auch die Plazenta schrumpft. Meist erfolgt dies etwa fünf bis 10 Tage nach der Geburt. In der Praxis gestaltet sich diese Methode jedoch als schwierig, da das Baby immer zusammen mit der Plazenta positioniert und getragen werden muss. Es gibt keine relevanten Studien zur Lotus-Geburt. Da die Plazenta aus mütterlichem und fetalem Gewebe besteht, glauben Befürworter, dass eine zu frühe Abnabelung einen Verlustschmerz bedeuten könnte, deshalb soll dieser Prozess natürlich erfolgen. Außerdem wird von zufriedeneren, ausgeglicheneren Babys berichtet. Weitere Vorteile: Das Kind soll ein stärkeres Immunsystem haben und das Risiko einer Neugeborenengelbsucht sinkt. Allerdings muss die Plazenta bei dieser Praktik täglich konserviert werden, um das Infektionsrisiko zu minimieren, was sehr zeitaufwändig ist. Aus diesem Grund wird die Lotus-Geburt eher selten von Müttern in Betracht gezogen.
Fazit
Es gibt viele verschiedene Möglichkeiten, wie die Plazenta nach der Entbindung verwendet werden kann. Für Mütter, die sich für eine bestimmte Methode interessieren, ist es wichtig, sich auseichend zu informieren. In jedem Land gibt es dazu eigene Gesetze und Richtlinien. Auch Ihre Hebamme kann Sie dahingehend beraten. Grundsätzlich ist es eine ganz individuelle Entscheidung, die jede Frau selbst treffen sollte.