Wissenschaftler haben die genauen Ursachen der Autismus-Spektrum-Störung (ASS) bisher noch nicht identifizieren können. Eine neue Studie der Amerikanischen Gesellschaft für Mikrobiologie hat jedoch vor kurzem die Beziehung zwischen Genitalherpes während der Schwangerschaft und einem anschließend an ASS erkrankten Kind erklären können. Tatsächlich zeigen die Ergebnisse, dass Mütter, bei denen während des ersten Schwangerschaftstrimesters Genitalherpes auftritt, mit einer doppelt so hohen Wahrscheinlichkeit ein Kind mit ASS zur Welt bringen. Andere Wissenschaftler, die nicht an der Studie beteiligt waren, weisen jedoch darauf hin, dass diese Schlussfolgerung wissenschaftlich nicht ausreichend belegt ist, um sich bereits jetzt allzu große Sorgen zu machen.
Herpes-Simplex-Virus und Schwangerschaft
Herpes-Simplex-Virus 2 (HSV-2), auch bekannt als Genitalherpes, betrifft 417 Millionen Menschen weltweit und tritt bei Frauen etwa doppelt so häufig auf wie bei Männern. Es äußert sich durch schmerzhafte Bläschen im Intimbereich, die meist wieder von alleine abheilen, jedoch immer wieder zum Vorschein kommen können. Auch wenn die Symptome verschwunden sind, ist der Virus noch präsent. Er versteckt sich in Nervenzellen und kann reaktiviert werden, wenn das Immunsystem geschwächt ist.
Eine Schwangerschaft stellt eine derartige Situation dar, weil das Immunsystem in dieser Zeit unterdrückt wird. Dies kann notwendig sein, damit sich die befruchtete Eizelle erfolgreich einnisten und sich eine Schwangerschaft ohne Komplikationen entwickeln kann. Obwohl ein reduziertes Immunsystem dem sich entwickelnden Embryo helfen kann, sind andere Infektionen wie der Herpes Simplex-Virus in der Lage, verheerenden Schaden anzurichten. Diese Infektionen führen zu Entzündungen, die etwas mit dem Auftreten von ASS zu tun haben könnten.
Autismus-Spektrum-Störung
Obwohl sowohl Impfstoffe, Bleivergiftung, mütterliches PCOS als auch eine unzureichende pränatale Nahrungsergänzung bereits für die Entwicklung von ASD verantwortlich gemacht werden , weiß niemand genau, was die tatsächliche Ursache für die veränderte Gehirnstruktur von ASS betroffenen Kindern ist. Die meisten Experten können sich darauf einigen, dass verschiedene individuelle genetische Faktoren und Auslöser in der Umwelt eine Rolle spielen. In vielen Familien finden sich Muster von Autismus und ähnlichen Krankheiten, was nahelegt, dass die genetische Komponente eine maßgebliche Bedeutung hat. Wissenschaftler versuchen jedoch weiterhin herauszufinden, durch welche Umweltauslöser die Krankheit verursacht werden kann und untersuchen dabei Chemikalien, Giftstoffe, Stoffwechselerkrankungen und Viren.
Die Verhaltensformen von ASS reichen weit; bei den meisten Betroffenen zeigen sich die ersten Symptome jedoch vor dem sechsten Lebensjahr. Erste Anzeichen sind u.a. eine mangelnde Sprachentwicklung und das fehlende Zeigen auf Gegenstände im ersten Lebensjahr. Der Verlust von Sprach- und sozialen Fähigkeiten in jeder Altersphase muss in Zukunft noch intensiver durch multidisziplinäre Teams, die aus Neurologen, Psychologen, Kinderärzten u.a. Experten bestehen, untersucht werden. Die oben genannten Symptome sind nicht nur mit ASS verbunden, es besteht auch ein starker Zusammenhang zwischen Kommunikationsversagen und der ASS-Diagnose.
Herpes-Simplex-Virus und ASS
Die Reduzierung des Immunsystems während der Schwangerschaft bietet dem Herpes Simplex-Virus die perfekte Gelegenheit, sich wieder zu reaktivieren. Wissenschaftler haben die Theorie aufgestellt, dass diese Aktivierung das Immunsystem dazu veranlasst, Entzündungen entstehen zu lassen, die den Virus bekämpfen. Diese kampfbereiten Substanzen können die Plazenta durchqueren und das sich entwickelnde zentrale Nervensystem, das Wirbelsäule und Gehirn enthält, potentiell beschädigen.
Auch andere Infektionen wie der Zytomegalievirus und Röteln können dem Fötus Schaden zufügen. Der Unterschied besteht jedoch darin, dass sich diese Erreger nicht in der Plazenta vermehren können; der Herpes-Simplex-Virus ist dazu in der Lage. Schon eine geringe Menge des Virus kann zu einem hohen Aufkommen von Antikörpern gegen ihn in der Plazenta führen. Dieser vermutete Effekt auf das verletzliche und empfindliche Nervensystem könnten die mit ASS in Verbindung stehenden Gehirnveränderungen sein.
Grenzen der Studie
Um die Verbindung zwischen einer Herpes-Simplex-Infektion und ASS beweisen zu können, müssen diese Ergebnisse von mindestens einer weiteren Studie belegt werden. Andernfalls kann die Möglichkeit eines Zufallstreffers nicht ausgeschlossen werden. Und selbst wenn ein Zusammenhang besteht, bedeutet dies nicht, dass die Ursache für ASS gefunden wurde. Möglicherweise gibt es weitere Faktoren, die den Prozess beeinflussen, über die Wissenschaftler sich noch nicht im Klaren sind.
Zudem wurde die Verbindung zwischen ASS und dem Aufflammen von Herpes während der Schwangerschaft nur bei männlichen, nicht jedoch bei weiblichen Kindern gefunden. Die Anzahl der weiblichen Kinder mit ASS in der Studie war gering und möglicherweise nicht repräsentativ für eine ausreichend große Stichprobe. Daher sollten weitere Forschungen das Problem untersuchen und dabei die Grenzen bestehender Studien beachten.